02.03.2023
Es ist Sommer in Berlin-Gropiusstadt, Rekordsommer 2003. In den Parks stinkt es nach Hundescheiße, überall Scherben, in den Ecken stehen Dealer. Ein Leben zwischen Sonne und Beton.
Aufwachsen in der Siedlung klingt erstmal nett, geradezu behütet. Aber nicht, wenn die Siedlung Gropiusstadt in Berlin-Neukölln ist. Hier gilt die Devise: „Der Klügere tritt nach.“ Diese schmerzhafte Lektion macht auch Lukas (Levy Rico Arcos), Protagonist in David Wnendts neuem Film SONNE UND BETON, der seit dem 2. März in den Kinos läuft. Die strukturellen Probleme des Berliner Bezirks werden zu persönlichen, als Lukas ohne seinen Schülerausweis eines Tages nicht in die Schule gelassen wird und mit seinen Freunden Gino (Rafael Luis Klein-Heßling) und Julius (Vincent Wiemer) beschließt, den Tag anders zu verbringen.
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Externe Daten ladenBei dem Versuch, im Park Gras zu kaufen, geraten sie zwischen rivalisierende Dealer. Die verprügeln Lukas und wollen 500 Euro Schutzgeld. Wie soll Lukas so viel Geld auftreiben? Sein neuer Klassenkamerad Sanchez (Aaron Maldonado-Morales) hat eine Idee: Einfach in die Schule einbrechen, die neuen Computer aus dem Lager schleppen und verkaufen. Dann sind sie alle Geldsorgen los. Der Plan gelingt. Fast.
Im Sommer 2017 kam das Projekt ins Rollen. Damals suchte Comedian Felix Lobrecht nach den passenden Leuten, die seinen gerade erschienenen Roman Sonne und Beton verfilmen könnten. Bei Regisseur David Wnendt und Produzent Fabian Gasmia war Lobrecht schnell überzeugt, dass sie den Stoff verstehen. Bedingung der Zusammenarbeit war jedoch, dass Lobrecht und Wnendt zusammen am Drehbuch arbeiten würden. Der Romanautor sagt dazu:
„Mir war klar, dass ich ab dem Moment, wo es an die filmische Umsetzung geht, raus sein würde. Dafür fehlt mir das Wissen und die Erfahrung. Ich habe keine Ahnung, wie man Regie führt oder was man mit der Kamera anstellt. Aber ich weiß, wer diese Jungs sind, ich kenne ihre Welt, und ich habe das Gefühl, ich muss sie beschützen, so gut ich kann. SONNE UND BETON wird immer mit meinem Namen assoziiert sein. Da muss ich darauf achten, dass etwas herauskommt, wohinter ich stehen kann.“
Diese Jungs, die Lobrecht beschützen möchte, sind zugleich der Grund, warum David Wnendt von dem Projekt so begeistert war. Obwohl der Regisseur das Buch ursprünglich nur wegen des Covers kaufte, entwickelte er beim Lesen eine tiefe Verbindung zu den Problemen und Herausforderungen der Jugendlichen, wie er selbst darstellt:
„Die große Stärke des Romans ist, wie authentisch, glaubwürdig und sensibel er dieses Lebensalter rüberbringt. Die Figuren sind differenziert und realistisch dargestellt. Lukas und seine Freunde sind keine Engel, sie können rau, grob und frech sein, sie bauen viel Mist und doch sind sie verletzlich und fähig, Zärtlichkeit zu zeigen.“
Umso wichtiger war es Wnendt, die Glaubwürdigkeit der Romanfiguren auf die Leinwand zu übertragen. Die Schauspieler sollten die Jungs nicht nur spielen, sondern auch mit der Sprache und dem Gefühl vom Leben in Gropiusstadt vertraut sein. Auf dieser Basis entstand schließlich ein umfangreicher Casting-Prozess, bei dem das Hauptaugenmerk auf einem aufwändigen Streetcasting lag. Unter der Leitung von Kathleen Döbbel und Arda Görkem wurde an Schulen, in Vereinen und sogar auf der Straße gecastet. Das alles neben den 5.000 Bewerbungen, die über verschiedene Plattformen und Agenturen bereits eingetroffen waren.
Während Lukas, Julius, Gino und Sanchez ähnliche Leben führen und in gleichen Umständen aufwachsen, könnten die Darsteller hinter ihnen nicht unterschiedlicher sein. Levy Rico Arcos, Rafael Luis Klein-Heßling, Vincent Wiemer und Aaron Maldonado-Morales, das sind sie nun: Lobrechts Jungs, das Herz des Films. Alle vier wurden im Zuge des Streetcastings auf das Projekt aufmerksam. Von ihnen brachte lediglich Vincent bereits Theatererfahrung mit.
Zwei von ihnen sind aus Berlin. Levy, der Lukas spielt, kommt aus Neukölln und Aaron aka Sanchez lebt in Kreuzberg. In Gropiusstadt war Aaron allerdings noch nie. Genau so geht es Rafael und Vincent, Darsteller von Gino und Julius, die gänzlich anders leben: Rafael kommt aus einer kleinen Gemeinde bei Münster und Vincent wohnt in Bonn mit Feldern und Wiesen vor der Haustür.
Damit die vier in ihre Rollen als Freunde hineinwachsen, hat David Wnendt ihnen kleine Aufgaben abseits des Drehs gestellt. Sie sollten beispielweise in ihren Rollen durch die Nachbarschaft tigern mit dem Ziel, Mädchen anzusprechen. Darüber hinaus wurde der Dreh weitestgehend chronologisch abgewickelt. Dies sollte den Jungs dabei helfen, glaubhaft das soziale Gefüge darzustellen, das sich im Film synchron zur Handlung verändert.
Was nun deutlich geworden sein sollte: „SONNE UND BETON ist eine konsequent Jungs-fokussierte Erzählung“, wie David Wnendt darstellt. Das liegt in vielen Dingen an der Erzählperspektive. Laut Wnendt trifft die Distanz und Unerreichbarkeit von Mädchen die Realität vieler heranwachsender Jungs. Die Abwesenheit weiblicher Personen insgesamt prägt die Stimmung der Geschichte. David Wnendt dazu: „Die Väter sind überfordert, verständnislos oder brutal. Die älteren Brüder machen alles nur noch schlimmer, und die Lehrer folgen nur ihren eigenen Vorurteilen.“
Fans von Comedian Felix Lobrecht warten bereits seit seiner ersten Ankündigung vor mehreren Jahren sehnsüchtig auf den Start von SONNE UND BETON. Aber der Film ist wesentlich mehr als ein simples Leinwandereignis oder reine Adaption. David Wnendt sagt dazu: „Film hat die Aufgabe, unsere Welt zu zeigen, wie sie ist, nicht, wie wir sie gerne hätten.“ Deshalb ist SONNE UND BETON weder Problemfilm noch Komödie. Sein Ziel ist es, die Charaktere ernst zu nehmen und das Leben Jugendlicher im Brennpunkt authentisch zu erzählen. Von dieser Authentizität konnten sich bereits die Besucher*innen der Berlinale bei der Weltpremiere von SONNE UND BETON überzeugen.
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Nun hat die Spannung für den Rest Deutschland endlich ein Ende. SONNE UND BETON läuft bereits seit dem 2. März bundesweit in den Kinos.